Samstag, 2. Juni 2007

Angebot und Nachfrage im Sørlandet

Norwegen kann auch flach sein - Lista

Der norwegischen Wirtschaft fehlt es an Arbeitskraeften, besonders im baulichen Gewer
be. Darauf weisen nicht nur die Fernsehdokus wie "Mein neues Leben" hin. Zeitarbeitsfirmen werben um auslaendische Baukraefte, grosse Baufirmen reisen sogar ins Ausland um vor Ort Mitarbeiter zu rekruttieren. Es wird mit guten Gehaeltern und staatlicher Unterstuetzung fuer die zu Haus gebliebene Familie geworben. Der Bauarbeiter aus Polen verdient hier im Schnitt zum Norweger nicht viel, trotz Mindestlohn, aber durchaus mehr als in seiner Heimat. Wer in Norwegen arbeiten moechte, braucht aber auch einen Platz zum Wohnen. Leider gestaltet sich das Niederlassen hier im Sueden immer schwerer. Der Campingplatz bleibt als Loesung. Kompliziert ist es fuer Familien. Leilighet, Bolig eller Hus mit entsprechender Groesse und bezahlbaren Preisen lassen sich nicht mehr finden. Utleid - Ausgeliehen. Die Preise schaukeln sich natuerlich durch diese Nachfrage auch hoch.


In der Naehe von Farsund


Schon allein in Stavanger sind fuer Ingenieure ueber 100 Stellenausschreibungen ausgeschrieben, Handwerk verzeichnet 52 Gesuche und die Oel/Gasbranche hat 170 Stellen frei (Quelle www.finn
.no). Jede grosse Tageszeitung wirbt mit einem besseren Leben in Stavanger - Jobangebote pur. Aber wo wohnen? Der Mangel ist bekannt, laesst sich aber kaum beheben, da das Bauen kommunaler Wohnungen nicht so verbreitet ist wie in Deutschland. Der Norweger mietet nicht, er kauft. Die Grundstuecks- und Hauspreise sind in den letzten Jahren enorm gestiegen. Welcher Auslaender kann auch gleich ein Haus kaufen? Und welcher Auslaender bekommt schon sofort einen Kredit von der Bank? Welcher norwegische Vermieter moechte sein Haus an einen Auslaender vermieten, der vielleicht gerade mal seit ein paar Wochen hier ist? Wer am meisten bietet, gewinnt. Gut, die Referenzen zaehlen natuerlich auch. Guenstig, wenn da dann der Arbeitgeber die Such-Anzeigen in die Zeitung setzt. Schwierig gestaltet sich die Suche auch, wenn die auslaendischen Fachkraefte die Sprache nicht beheerschen. Da kann man nur dankbar sein, dass die Norweger hier mit dem Englischen mehr als fit sind.


Farsund, Ostern 2007


Die Auslaenderstelle bei der Polizei ist ueberfordert. Die vielen neu rekruttierten Arbeitskraefte brauchen Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen. Die Oeffnungszeiten betragen gerade mal ein paar Stunden, damit dann am Rest des Tages auch die Genehmigungen bearbeitet werden koennen. Wartezeite
n bis zu 5 Stunden ohne Garantie, dass man ueberhaupt bis zum kleinen Luckenfenster vordringt und seinen Antrag abgeben kann. Und meist ist nicht nur einfach Abgeben. Haufenweise Fragen kommen noch hinzu, die schliesslich fachgerecht beantwortet werden muessen. Ohne Englischkenntnisse brauchen die bei der Auslaenderbehoerde gar keinen mehr einstellen :-)

Diese Woche waren Freunde von uns zu Besuch, die auch vorhaben im Juli nach Kristiansand zu ziehen. Diese Woche wurde zur Arbeits- und Wohnungssuche genutzt. Als Mechaniker ist es nicht schwer hier eine gut bezahlte Arbeit zu finden. Aber da gibt es eben das Problem mit dem Wohnung
sangebot. Anfragen unter Bekannten und Arbeitskollegen brachten bisher nicht viel. Selbst die gut Informierten zucken nur mit den Schultern. Haeuser, die in der Tageszeitung inseriert sind, gehen weg wie warme Semmeln. Und wie anfangen, wenn der Vermieter einen Job fordert aber der Arbeitgeber nur einen Job vergibt, wenn man einen festen Wohnsitz hat? Nun wir werden uns weiter fuer unsere Freunde umhoeren und koennen ihnen nur Mut machen. Wir wissen ja selbst, dass hinter so einem grossen Schritt eine riesen Planung steckt. Jede kleinste Veraenderungen bringt da viel durcheinander.


Farsund, Ostern 2007


Wenn wir das alles lesen und selber erleben, koennen wir nur immer wieder dankbar sein, dass bei uns damals alles so reibungslos verlaufen ist. Wir in einem Traumhaus mit einer wunderschoenen Aussicht wohnen duerfen. Das verdanken wir auch nur der Referenz von Calles Arbeitgeber PK Entreprenør (hi hi... schoene Schleichwerbung...). Ich kann hier in Norwegen in Søgne an meinem Schreibtisch sitzen und nebenbei auf den Fjord sehen. Immer wieder, so oft wie ich will. Nach ein paar Monaten hab auch ich hier einen Job gefunden, der mir zur Zeit viel Spass macht und ich wieder eine Menge gelernt habe. Die Sprache entwickelt sich immer weiter. Es gibt so wunderbare positive Dinge, die ich aufzaehlen koennte und denen ich dankbar sein muss.
Und dennoch: Um das Kleingedruckte nicht zu vergessen: Liege ich in der Wanne und hoere Jazzmusik, muss ich ploetzlich ans Barometer denken und werde traurig.

"Es sind die Menschen, die das Leben lebenswert machen".

Aussicht und Arbeit ist eben nicht alles. Das wird es nie sein. Alles kann man nicht haben, aber jeder kann sich fuer das entscheiden, was er fuer richtig haelt ... Wenn nur diese Entscheidungen nicht immer so schwer waeren! In diesem Sinne - ich schicke ganz viele liebe Gruesse an meine Familie - mein Bruder und Claudia & "Anhang", an meine Mami und meinen Papi. Ihr fehlt mir.

Einen schoenen Sonntag wuenschen Calle & Claudia

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Super blog habt ihr da. Und auch wirklich lesenswertes. :) Da es 2008 für mich auch nach Norwegen gehen soll ist alles sehr interessant zu lesen.

Viel Grüße aus Karlsruhe

Calle und Claudia in Norwegen hat gesagt…

Hallo Michael, schön, dass auch "unbekannte" Leute den Weg auf unsere Seite finden. Danke fuer Dein Kompliment. Für den Start in Norwegen wünschen wir alles Gute.